Unterwegs im Reich der MitteAm 06. September 2015 reisen wir einen Tag zu früh nach China ein und müssen unseren Toyota zunächst beim Zoll stehen lassen. Gemeinsam mit unserer netten, jungen chinesischen Begleiterin, die schon in Erenhot (Innere Mongolei) auf uns wartet, suchen wir uns ein Hotel in der Stadt. Die Mongolei liegt weniger als 10 km entfernt, aber wir kommen uns selbst in dieser chinesischen Kleinstadt vor wie in einer anderen Welt. Nicht nur, dass hier asphaltierte Straßen selbstverständlich sind, auch über das Warenangebot und insbesondere die große Vielfalt an Obst und Gemüse können wir nur staunen, zumal auf der anderen Seite der Grenze die gleichen klimatischen Bedingungen herrschen.
Der nächste Tag vergeht mit Warten auf die Abwicklung der Zollformalitäten, aber am 08. September um 15:30 ist es endlich soweit: Mit chinesischem Nummernschild und Führerschein ausgestattet können wir unsere Reise in China antreten. An der Ausfallstraße aus Erenhot hat man den in der Umgebung gefundenen Dinosaurierknochen ein Denkmal gesetzt - Nachbildungen in Originalgröße von fast 20 verschiedenen Dinosauriertypen säumen die Straße. Auf der vollkommen leeren Autobahn, die uns etwas gespenstisch vorkommt, schaffen wir es an diesem Tag noch bis Datong (Shanxi).
Den nächsten Tag widmen wir trotz schlechten Wetters den Sehenswürdigkeiten in der Umgebung von Datong. Am Morgen stehen die wundervollen Yungang-Grotten aus dem 5. Jh. auf dem Programm. Dieses wohl beeindruckendste Beispiel für buddhistische Höhlenkunst in China überrascht uns mit seiner immer noch gut erhaltenen Farbenpracht und den riesigen Buddha-Statuen.
Am Nachmittag geht es zum Hängenden Kloster (Xuankong Si), das wie an die Felsen geklebt wirkt. Trotz Nieselregens herrscht hier reger Betrieb, was auf den schmalen Gängen zu kleineren Staus führt. Da es im Inneren des Klosters nicht viel zu sehen gibt, ist seine Konstruktion und Lage an der steilen Felswand das eigentlich Faszinierende. Am Abend werfen wir noch einen Blick auf die neue Altstadt von Datong, die man vor ein paar Jahren für Unsummen mit einer gewaltigen neuen Stadtmauer im alten Stil versehen hat.
Nach zwei verregneten Tagen fahren wir bei strahlendem Sonnenschein in Richtung Westen weiter. In Alt-Erdous verspeisen wir abends eine leckere Pekingente, bevor wir am nächsten Morgen die Geisterstadt Neu-Erdous durchqueren - eine vor ein paar Jahren für 1 Million Einwohner neu angelegte Stadt, die aber bisher nur von einigen 10000 Menschen als neuer Wohnsitz angenommen wird.
Bei Zhongwei (Ningxia) überqueren wir den Gelben Fluss und genießen auf der Weiterfahrt nach Zhangye (Gansu) die herrliche Landschaft mit den schneebedeckten Gipfeln den Quilian-Shan im Hintergrund. In Zhangye besuchen wir den ursprünglich aus dem Jahr 1098 stammenden Großen Buddha-Tempel, in dem sich ein 35 m langer Schlafender Buddha befindet .
Ursprünglich hatten wir geplant, vor Zhangye in Richtung Badan-Jilin-Wüste mit ihren kleinen Seen und hohen Sanddünen abzubiegen. Da wir uns in der Hauptsaison befinden und eine Fahrt mit Privatfahrzeugen in das Gebiet neuerdings nicht mehr gestattet ist, wollen wir die horrenden Preise eines monopolistischen Veranstalters nicht akzeptieren. Wir entscheiden uns daher, stattdessen die schönen Höhlentempel von Mati Si und die farbenprächtigen Felsformationen von Danxia zu besuchen.
In Jiayuguan haben wir das westliche Ende der Großen Mauer erreicht, wo früher mit der gewaltigen Festungsanlage die engste Stelle des Hexi-Korridors abgeriegelt und überwacht wurde. Hier befand sich vor über 600 Jahren die Zollstation, die die Warenströme auf der Seidenstraße kontrollierte.
Unweit der Festung wurde ein Stück der Großen Mauer mit Signaltürmen usw. rekonstruiert. Wir genießen den Spaziergang auf diesem grandiosen Bauwerk, auch weil hier nicht so ein Gedränge herrscht wie bei unserem Besuch der Großen Mauer in der Nähe von Beijing vor fünf Jahren.
Weiter geht es Richtung Westen über Hunderte von Kilometern auf der wenig befahrenen Autobahn G30. Über weite Strecken fahren wir durch eine etwas monotone Landschaft, aber dann verläuft die Straße immer wieder auch durch wunderschöne Felsformationen.
Hinter Turpan biegen wir auf den nach Westen führenden Zweig der G30 ab. In dieser Gegend von Xinjiang läuft die Chiliernte gerate auf Hochouren. Auf vielen Feldern sehen wir Menschen beim Pflücken und überall liegen riesige Mengen Chilis wie rote Teppiche zum Trocknen aus. Vor Korla machen wir einen kleinen Abstecher zum sehr großen von Sanddünden und Schilfgürteln gesäumten Bosten-See, dessen pure Existenz mitten in der Wüste schon eine Attraktion ist.
Die Altstadt von Kuqa überrascht mit einem recht authentisch wirkenden Uiguren-Viertel. Hier fühlt man sich eher wie in Kirgistan als wie in China. Bei unserem Besuch an einem Freitagvormittag ist das Angebot an frisch geschlachtetem Lammfleisch sicher größer als an anderen Wochentagen.
In der Renmin Lu gibt es noch eniges an alter Bausubstanz zu sehen - bunt und aufwendig gestaltete Vordächer und Türen, die zu den teils begrünten Innenhöfen der Häuser führen. Hier blättert auch schon mal die Farbe ab, ganz anders als in den neu gebauten "Altstadtvierteln" chinesischer Prägung. Auch die kleinen Handwerksbetriebe sehen authentisch aus.
Von Kuqa aus starten wir am nächsten Morgen zur Durchquerung der Taklamakan-Wüste. 640 km sind es bis nach Hotan - auf den ersten 250 km vermissen wir zwar wegen der vielen bewässerten Anbauflächen noch die Wüste, aber dann geht es tatsächlich über 400 km auf einer sehr guten Sraße durch eine wirklich tolle Sandwüste.
Hotan ist wie Kashgar bekannt für seinen großen Sonntagsmarkt, nur dass es hier weniger touristisch zugeht. Als wir gegen 11:30 dort eintreffen, füllt sich der Basar langsam. Bei einem vielfältigen Angebot an Waren aller Art dürfen diverse Imbissstände natürlich nicht fehlen.
Als wir anschließend den wohl einmaligen Jademarkt in Hotan besuchen, herrscht dort schon Hochbetrieb. Überall sind Männer mit Wassersprühern am Werk, um ihre Steine besonders farbenprächtig leuchten zu lassen. Hier wird eine fast unvorstellbare Menge an Steinen in den verschiedensten Formen und Farbnuancen angeboten.
Von Hotan fahren wir noch knapp 300 km auf dem südlichen Zweig der Seidenstraße Richtung Westen, bevor wir in Yecheng unseren tibetischen Begleiter für die Weiterfahrt nach Tibet übernehmen. Wir glauben es aber erst, wenn wir wirklich tibetischen Boden unter den Füßen haben. |
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Länderinformationen: China |
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