Über Tunesien und Libyen nach Niger und Algerien – 17.12.1999 bis 15.01.2000Am 17. Dezember 1999 starten wir bei herrlichem Winterwetter in München und verbringen die Nacht bei Freunden in Rapallo, die uns mit leckerem Essen verwöhnen. Als wir am nächsten Mittag den Hafen von Genua erreichen, staunen wir nicht schlecht über das riesige Aufgebot an Geländewagen, das sicher einige Millionen DM wert ist. Wie bei den Benutzern der Fähre nach Tunis bekannt, beginnt Afrika schon diesseits des Mittelmeeres und so dauert es bis weit nach Mitternacht, bis die nagelneue "Carthage" endlich mit vier Stunden Verspätung ablegt. Gegenüber dem Chaos in Genua verläuft die Abfertigung in Tunis relativ problemlos und zügig. Wir verbringen die Nacht auf dem Campingplatz in Nabeul, bevor wir uns am nächsten Morgen auf den Weg zur libyschen Grenze machen, wo wir Roswitha und Gerd treffen, mit denen wir uns für die Durchquerung der Sahara verabredet haben. Wenn nicht gerade mal wieder Ramadan wäre, hätten wir den Campingplatz an der Jungendherberge in Sabrata noch bei Tageslicht erreicht, so wird es Nacht bis wir dort eintreffen. Da wir beide Libyen schon von früheren Reisen kennen, geht es auf direktem Weg nach Al Katrun, wo Mohammed Tahar Ahmed Abaya im alten Fort eine Touristenunterkunft aufbaut. Eigentlich sollte es von hier aus in den Tschad bzw. ins Tibesti gehen, doch daraus wir leider nichts: die Tubu-Rebellen sollen wieder auf dem Vormarsch sein und man rät uns dringend von einer Reise in diese Region ab. Nachdem Mohammed die Formalitäen für unsere Ausreise in den Niger erledigt hat, luchst er uns als Bakschisch noch eine halbe Flasche Rotwein für seine Dienste ab. Inzwischen haben wir den 24. Dezember und suchen den ganzen Nachmittag vergeblich nach einem windgeschützten Übernachtungsplatz. Nach unserem etwas versandeten Weihnachtsessen ziehen wir uns bald ins Dachzelt zurück, um dem eiskalten Wind zu entkommen. (Durch Anklicken werden die Fotos groß angezeigt.)
Unterwegs in NigerIn Madama reisen wir problemlos nach Niger ein. Über Seguedine geht es weiter entlang der Falaise von Bilma, an deren Rand sich noch einige große Seen befinden, darunter der See von Arrigui. In Bilma, einer schönen Oase mit gepflegten Lehm- und Ziegelhäusern sowie vom ECOH-Projekt errichteten Brunnen und Wasserleitungen besuchen wir trotz der recht aufdringlichen Kinder den typisch afrikanischen Markt. Nun liegt das große Sandmeer der Ténéré vor uns. Eine Piste gibt es nicht, aber der Weg wurde während der französischen Kolonialzeit in Abständen von 2 km mit Metallpfosten markiert, die größtenteils noch erhalten sind. Mit ausreichend reduziertem Luftdruck fährt es sich recht gemütlich durch die herrliche Dünenlandschaft, da Weichsandstellen eher selten sind.
In der mitten in der Ténéré gelegenen Oase Fachi schauen wir uns die Salzgewinnung aus der hier anstehenden Sole an: während das "Speisesalz" in den Verdunstungsbecken durch häufiges Begießen zu bizarren Gebilden heranwäscht, wird das sich am Boden absetzende Salz mit Lehm und Sand vermischt in Formen gefüllt und von der Sonne zu Kegeln oder Tellern gebacken, die als Lecksalz für das Vieh von den Salzkarawanen zu den Märkten der Sahelzone transportiert werden.
Von Fachi fahren wir durch den westlichen Teil des Sandmeers, dessen Ende der Arbre du Ténéré markiert. Die berühmte Schirmakazie, die hier bis 1973 den Beginn der Route durch die Ténéré markierte, ist heute nur noch im Museum von Niamey zu sehen. Nachdem sie angeblich ein Lkw-Fahrer umgefahren hatte, wurde sie durch die moderne Metallkonstruktion ersetzt.
Nach dem Arbre du Ténéré geht es über eine ausgefahrene Piste südlich des Air-Gebirges und durch ein bösartiges Fech-Fech-Feld weiter nach Agadez. (Tagebuchzitat: "Danach kommt das fahrtechnische Highlight des Tages: das Durchpflügen eines Erdnussfeldes im Blindflug. Wir können nichts mehr sehen, obwohl die Scheibenwischer auf der höchsten Stufe laufen. Da heißt es nur: Augen zu und durch. Das Auto ist hinterher bis in die letzte Ritze eingestaubt, selbst im Handschuhfach liegt eine dicke Schicht. Eine wirkliche Sauerei.") Auf dem schönen Camping l'Escale genießen wir nach kurzer Wartezeit ein gut gekühltes Bier, um den Staub herunter zu spülen.
Am nächsten Tag besichtigen wir Agadez mit seiner alten Lehmarchitektur und den großen Märkten. Am Abend heißt es Abschied nehmen von Roswitha und Gerd. Während die beiden wie in den Jahren zuvor in der Sahara überwintern, machen wir uns auf nach Algerien. Unterwegs in AlgerienAls wir am 31.12.1999 bei In Guezzam nach Algerien einreisen, fragt uns der Grenzbeamte recht hartnäckig, ob wir nicht vielleicht doch Alkoholika für den Silvesterabend im Gepäck hätten. Wir verneinen dies natürlich genauso beharrlich und sind froh, als er uns schließlich ohne Durchsuchung des Toyota weiterfahren lässt. Unseren für die sogenannte Jahrtausendwende mitgebrachten Champagner wollen wir ihm nun wirklich nicht überlassen. In einer bizarren Felslandschaft finden wir einen schönen Übernachtungsplatz und grillen unsere letzten eingeschweißten Steaks aus Deutschland zum Abendessen. Für kurz vor Mitternacht haben wir uns den Wecker gestellt, um zu hören, ob die Welt wegen des Datumwechsels am Untergehen ist. Aber die Deutsche Welle berichtet nur von der größten Silvesterparty Deutschlands in Berlin.Am 1. Januar 2000 starten wir nach einem gemütlichen Frühstück Richtung Tamanghasset. Während die Landschaft teilweise aussieht wie eine riesige Abraumhalde im Braunkohletagebau, mit großen Trümmerhaufen rechts und links der Straße, kommen später die typischen Berge des Hoggar ins Bild. Große Massive, in denen Felsendome und die einzelnen Basalt- bzw. Granitkegeln der ehemaligen Vulkane zu erkennen sind. In Tamanghasset übernachten wir auf dem schönen Campingplatz "Bordj 4x4" mit seinen freundlichen und hilfsbereiten Besitzern. In den blitzblanken Sanitäranlagen können wir nach langer Zeit mal wieder schön heiß duschen. In "Tam" herrscht eine richtige Aufbruchstimmung, da seit längerem mal wieder zahlreiche Touristen hier sind und es sogar Direktflüge von Paris gab. Leider ist dieser touristische Aufschwung nur von kurzer Dauer, wie wir heute wissen.
Auf dem Weg zum Assekrem besuchen wir die schönen Gueltas von Afilal mit den auf mehreren Stufen angeordneten Wasserbecken. Den großen Parkplatz auf dem Assekrem haben wir ganz für uns allein, anders als in den 1970-er Jahren, als hier nachmittags schon Andrang herrschte. Wir steigen zur Klause von Charles Foucault hinauf, wo uns Pater Eduard empfängt. Er zeigt uns die Klause und lädt uns nach unserem Rundgang auf dem Plateau zu einem Tee ein. Es ist sehr interessant mit ihm zu sprechen. Seit 27 Jahren lebt er hier oben. Er hat ein wahnsinnig gutes Gedächtnis für Jahreszahlen und die zugehörigen Ereignisse. Er kann uns sofort sagen, dass er 1973, als Uwe das erste Mal hier war, nicht in der Klause, sondern auf Reisen war.
Nachdem es auf der Hinfahrt und auch zum Sonnenaufgang auf dem Assekrem stark bewölkt war, werden wir auf der Rückfahrt nach Tam mit schönstem Wetter belohnt und genießen bei tollem Licht die herrliche Landschaft. Wir sind froh, dass uns in Tam niemand sagen konnte, ob die Strecke vom Assekrem über Hirafok nach Idelès befahrbar ist, da uns dieses Highlight sonst entgangen wäre. So fahren wir am nächten Mittag über Tahifet und Idelès weiter in Richtung Djanet.
Die Durchquerung des Erg d'Admer - diesmal ohne Wegmarkierung - stellt nochmal eine Herausfordeung dar. Danach geht es auf guter Asphaltstraße nach Djanet. Auch hier herrscht wegen der "Jahrtausendwende" Touristenauftrieb und Esel sind für mehrtägig Ausflüge nicht mehr zu bekommen. Mit viel Glück finden wir einen alten Führer, der sogar am letzten Tag des Ramadan bereit ist, uns die schönen Felsmalereien in Jabbaren zu zeigen.
Als wir früh um 05:15 Uhr vom Campingplatz abgeholt werden, ist es noch dunkel und sehr kalt. In dem Wadi, in dem unsere Wanderung beginnt, machen wir erstmal Feuer, um uns zu wärmen. Auch beim Aufbruch gegen 06:30 Uhr ist es noch eiskalt und der alte Mann in relativ dünner Kleidung und löchrigen Socken tut uns echt leid. Der Ausflug lohnt sich wirklich, da wir nicht nur viele gut erhaltene Felsmalereien bestaunen, sondern auch herrliche Ausblicke auf die umliegende Landschaft mit ihren teilweise wunderschönen Felsformationen genießen.
Ein weiterer Ausflug von Djanet aus führt uns zu Felsgravuren (Rinder), einem vorislamischen Rundgrab (Schlüssellochgrab) und zu bizarren Felsskulpturen. Von Djanet aus geht es weiter Richtung Norden. An der Asphaltstraße bis In Amenas fehlen nur noch 43 km. Hinter In Amenas entscheiden wir uns doch noch für eine Alternative: statt durch Digassi zu fahren, wählen wir die Route über Deb-Deb . Die Michelin-Karte warnt zwar vor Versandungen zwischen Bordj Messouda und Sif Fatimah, aber dass es so arg kommen würde, erwarten wir nicht.
Aufgrund der starken Versandungen gibt es neben der Straße meistens eine parallel verlaufende eine Ausweichpiste, auf die wir auch oft wechseln. Da wir uns einmal leider falsch entscheiden, gerät der Toyota in eine riskante Schieflage. Aber nach gut zwei Stunden harter und schweißtreibender Arbeit ist es endlich geschafft. Drei Tage später fahren wir wieder auf die "Carthage", die uns zurück nach Genua bringt.
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